Compliance: Anknüpfungspunkte im deutschen Arbeitsrecht

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Den Begriff „Compliance“ hört man in regelmäßigen Abständen und landläufig ist man versucht, diesen Themenkreis als amerikanischen „Schnick Schnack“ abzutun.
Richtig ist, dass Unternehmen (noch) nicht gesetzlich dazu verpflichtet sind, Compliance-Systeme einzurichten und vorzuhalten.
Ferner ist es richtig, dass der Begriff Compliance, und was mit diesem verbunden wird, dem amerikanischen Recht entspringt.
Dennoch wäre es fatal, das Thema Compliance nicht ernst zu nehmen.
Letztlich bedeutet der Begriff an und für sich nichts anderes als „Einhaltung des geltenden Rechts“.
Was früher speziell die Einhaltung börsenrechtlicher Vorgaben meinte, hat sich in den letzten Jahren auch in Deutschland zu einer allgemeinen Übereinstimmung des Unternehmenshandelns mit allen gesetzlichen Regelungen fortentwickelt.
Sicherlich waren auch hier Gesetzesinitiativen der Vereinigten Staaten von Amerika ausschlaggebend, diese hatten aber ursprünglich, wenn überhaupt, mittelbare Auswirkungen auf deutsche Unternehmen. Dies speziell in Fällen, die weltweit agierende Konzerne mit entsprechendem USA-Bezug betrafen.
Aber auch der Bundesgerichtshof hat sich bereits im Jahr 1997 grundlegend mit der Pflicht eines Aufsichtsrates zur Verfolgung von Schadensersatzansprüchen gegenüber (eigenen) Vorstandsmitgliedern und somit letztlich mittelbar mit dem Thema Compliance beschäftigt und entsprechende Entwicklungen angestoßen (vgl. insoweit grundlegend ARAG/Garmenbeck; BGH vom 21.04.1997 II ZR 175/95).
Zusammenfassend lässt sich nicht zuletzt vor dem Hintergrund des Deutschen-Government-Kodex, welcher erstmalig im Jahr 2002 veröffentlicht wurde und der dazu beitragen soll, die in Deutschland geltenden Regeln für die Unternehmensleitung und –überwachung sowohl für nationale als auch für internationale Investoren transparenter zu machen, nicht mehr von einer untergeordneten Bedeutung des Themas Compliance sprechen.
Speziell in arbeitsrechtlicher Hinsicht gibt es aber eine ganze Reihe an Themenkreisen, die die Sicherstellung umfassenden rechtskonformen Handelns durch das Management zu einer Herausforderung machen (können).
Hier ist von grundlegender Bedeutung, dass es sich eigentlich beim gesamten deutschen Individualarbeitsrecht um ein Arbeitnehmerschutzrecht handelt, was aufgrund seiner buchstäblichen Zersplitterung in eine Vielzahl von spezialgesetzlichen Regelungen äußerst prädestiniert ist, für Verstöße seitens des Arbeitgebers.
Neben den klassischen und neuerdings in den Fokus der Kontrollbehörden gerückten Themenkreise des Mindestlohngesetzes (MiLoG) und damit verbunden des Arbeitszeitgesetz (ArbZG) seien hier das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG), das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG), der Bereich Arbeitssicherheit/Arbeitsschutz, das Mutterschutzgesetz (MuSchG), das Bundeselterngeld- und –elternzeitgesetz (BEEG) sowie das Jugendarbeitsschutzgesetz (JArbSchG) genannt.
Letztlich könnte man vor diesem Hintergrund die Einrichtung von Compliance-Systemen sogar als Chance verstehen, das rechtliche Gefahrenpotential im eigenen Unternehmen zu analysieren und entsprechende Strukturen zu schaffen, um etwaig bestehende Verstöße nachhaltig abzustellen und künftigen Verstößen vorzubeugen.
Inwieweit hier tatsächlich eigene Compliance Richtlinien von Nöten sind oder nicht, muss im Einzelfall entschieden werden.
Es kann aber speziell mit Blick auf das Arbeitsrecht mit Sicherheit nicht schaden, wenn Unternehmen ihre Betriebspraxis insoweit auf den Prüfstand stellen und entsprechende Maßnahmen ergreifen, um rechtskonformes Handeln sicher zu stellen.
Unabhängig von der Frage, wer im Konfliktfall am langen Ende die Quittung bekommt, ist eines sicher: Die potentiell im Raum stehenden Rechtsverstöße wirken sich bestenfalls in mehr oder weniger schmerzhafter wirtschaftlicher Hinsicht aus. Im Einzelfall kann aber durchaus ein Strafverfahren mit der Aussicht auf empfindliche Haftstrafen ins Haus stehen.