Steuerhinterziehung des Erblassers – Einkommensteuerschulden als Nachlassverbindlichkeit?

2 min.

Der BFH (Urteil vom 28.10.2105 – II R 46/13) hatte über die Klage eines Erben zu entscheiden, der nach Ablauf der Festsetzungsverjährung für die Einkommensteuer des Erblassers in seiner Erbschaftsteuererklärung die materiell zutreffende Steuerverbindlichkeit und nicht nur die tatsächlich festgesetzte Einkommensteuer nebst Zinsen als Nachlassverbindlichkeit geltend machen wollte.
Der Erbe hatte im Wege einer Selbstanzeige die unversteuerten Kapitaleinkünfte des Verstorbenen einer nachträglichen Besteuerung zugeführt. Das Finanzamt hatte sodann versehentlich zu Gunsten des Erben nur knapp die Hälfte der eigentlich nachzuzahlenden Einkommensteuer festgesetzt.
Der Erbe hatte dies erkannt und sodann abgewartet, bis für geänderte Steuerfestsetzung die Festsetzungsverjährung eingetreten war. Sodann hat er in der Erbschaftssteuererklärung die eigentlich materiell zutreffende Einkommensteuer als Nachlassverbindlichkeit geltend gemacht.
Dieser Vorgehensweise hat der BFH eine klare Absage erteilt: Nach Auffassung des Gerichts kann der Erbe eine vom Erblasser hinterzogene Einkommensteuer, die auch nach dem Eintritt des Erbfalls nicht festgesetzt wurde, selbst dann nicht als Nachlassverbindlichkeit abziehen, wenn er das für die Festsetzung der Einkommensteuer zuständige Finanzamt zeitnah und korrekt über die Steuerangelegenheit unterrichtet hat.
Der Erbe kann also nur die Einkommensteuer(nach)zahlungen als Nachlassverbindlichkeiten gemäß § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG abziehen, die seitens des Finanzamts auch festgesetzt wurden. Dabei ist es unerheblich, ob die Steuern beim Erbfall bereits festgesetzt waren oder erst im Nachgang festgesetzt werden. Soweit Steuern jedoch auch später nicht festgesetzt werden, können Sie nicht als Nachlassverbindlichkeit berücksichtigt werden.
Auf den ersten Blick scheint das Urteil eine Selbstverständlichkeit zum Gegenstand zu haben. Jedoch gibt der BFH mit diesem Urteil seine frühere Rechtsprechung, wonach bei Steuerhinterziehung des Erblassers im Zusammenhang mit Kapitalvermögen im Ausland grundsätzlich eine Geltendmachung der materiell-rechtlich zutreffenden Steuern als Nachlassverbindlichkeit schon deshalb nicht gegeben war, weil sie zum Todestag nicht feststand, grundsätzlich auf. Bis dahin war die Anrechnung der nach dem Todestag festgesetzten Steuern als Nachlassverbindlichkeit lediglich aufgrund eines Erlasses der obersten Finanzbehörden möglich.
In diesem Punkt herrscht nun Rechtssicherheit für die Erben, die nachträglich bislang unversteuerte Einkünfte des Erblassers einer ordnungsgemäßen Besteuerung zuführen.