Rechtserhebliches Fehlverhalten im Rahmen des Arbeitsverhältnisses – keine Sakrosankte Rollenverteilung!

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Naturgemäß wird in einem Blog zum Wirtschaftsstrafrecht regelmäßig das Hauptaugenmerk auf alle möglichen potentiellen Fehlverhaltensweisen des Arbeitgebers gerichtet.
Aber selbstverständlich ist die Arbeitnehmerschaft ebenso wenig davor gefeit, rechtserhebliches Fehlverhalten an den Tag zu legen.
Daher soll der vorliegende Beitrag (einmal zur Abwechslung) den Blick auf die Beantwortung der Frage richten, wie der Arbeitgeber auf Straftaten seines Arbeitnehmers reagieren kann.
Auf den ersten Blick scheint die Antwort einfach: Straftaten gegen den Arbeitgeber? Fristloser Rausschmiss! Keine Frage – oder doch?
Tatsächlich sollte man zunächst die Frage der im Raum stehenden Reaktionsmöglichkeiten des Arbeitgebers dahingehend differenziert betrachten, als dass man zunächst die Frage beantwortet, ob sich das strafbare Verhalten des Arbeitnehmers gegen den eigenen Arbeitgeber richtet oder ob die Straftat zu Lasten eines fremden Dritten verübt wurde.
Letztere Variante, die im vorliegenden Beitrag nicht näher beleuchtet werden soll, lässt sich faustformelartig dahingehend beantworten, dass sich die Straftat konkret auf das jeweilige Arbeitsverhältnis auswirken muss, damit kündigungsrechtlich relevante arbeitgeberseitige Maßnahmen zu Lasten des Arbeitnehmers gerechtfertigt sind.
Welche Mittel stehen nun aber dem Arbeitgeber konkret zur Verfügung, wenn sich die Straftat des Arbeitnehmers gegen ihn selbst richtet?
Wie bereits zuvor angedeutet, wird hier in einer Vielzahl der Fälle sofort zu klassischen, kündigungsrechtlichen Maßnahmen, in aller Regel zur außerordentlich fristlosen Kündigung „gegriffen“.
Nicht selten stellt die Arbeitgeberseite dann jedoch vor dem Arbeitsgericht fest, dass hier unter Umständen ein differenzierteres Vorgehen angezeigt gewesen wäre.
In aller Deutlichkeit sei bereits an dieser Stelle gesagt, dass speziell in diesem Fragenkomplex regelmäßig eine konkrete Einzelfallprüfung vorgenommen werden muss.
Vorliegend soll zunächst lediglich ein Überblick über das grundsätzlich zur Verfügung stehende Instrumentarium der Arbeitgeberseite gegeben werden.
Insoweit kommt neben einer Abmahnung und einer ordentlichen Kündigung sicherlich auch im Einzelfall eine außerordentlich fristlose Kündigung in Betracht. Die Ermahnung (als kündigungsrechtlich nicht erhebliche „Vorstufe“ der Abmahnung) sowie die Betriebsbuße (wenn auf Grundlage des § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG eine Betriebsbußordnung im konkreten Arbeitsverhältnis Anwendung findet) spielen in diesem Zusammenhang eine eher untergeordnete Rolle in der Praxis – sollten aber ebenfalls erwogen werden.
Die alles entscheidende Frage ist aber letztlich immer, um welche “Qualität“ der begangenen Straftat es sich handelt.
So kann beispielswiese im Einzelfall der Diebstahl geringwertiger (die Rechtsprechung ist hier uneinheitlich: Geringfügigkeit wird aber bei einem Verkehrswert bis zu 50 € angenommen) Sachen (§§ 242, 248a StGB) bzw. deren Unterschlagung (§§ 246, 248a StGB) tatsächlich eine außerordentlich fristlose Kündigung rechtfertigen.
Genauso gut kann aber die Verwirklichung der letztgenannten Tatbestände im konkreten Einzelfall gerade einmal für eine Abmahnung gut sein, so dass im Rahmen einer gerichtlichen Überprüfung eine außerordentlich fristlose Kündigung als unverhältnismäßig bzw. als Verstoß gegen das sogenannte ultima ratio Prinzip gesehen wird.
Denn grundsätzlich ist zu beachten, dass eine kündigungsrechtliche Maßnahme nicht vergangenes Fehlverhalten des Arbeitnehmers sanktionieren soll.
Vielmehr bringt der Arbeitgeber mit einer kündigungsrechtlichen Maßnahme zum Ausdruck, dass ihm auf Grundlage dessen, was im konkreten Fall vorgefallen ist, eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar ist (sogn. Prognoseprinzip; vgl. grundlegend hierzu, sowie zum Diebstahl geringwertiger Sachen im Rahmen des Arbeitsverhältnisses: BAG, Urt. V. 10.06.2010 – 2 AZR 541/09, NZA 2010, 1227).
Zusammenfassend lässt sich somit festhalten, dass bei potentiell im Raum stehenden Straftaten von Arbeitnehmern gegen den eigenen Arbeitgeber, eine genaue Einzelfallprüfung unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände unumgänglich ist, um böse und im Zweifelsfall teure Überraschungen im Nachgang an – “aus der Hüfte geschossenen“ – kündigungsrechtliche Maßnahmen zu vermeiden.